Ali, Raabia und die anderen –
Ali, Raabia et les autres
Marokko Mitte der siebziger Jahre: auf einer Dachterrasse in Salé treffen sich vier Jugendfreunde, um Joints zu rauchen, zu trinken, über Politik zu diskutieren, Musik zu machen und zu träumen. Sie sind Hippies, marokkanische Hippies. Doch es ist nicht nur die Zeit der Hoffnungen und Utopien, sondern auch der "bleiernen Jahre" in Marokko. Das gemeinsame Idyll zerbricht jäh, als die Polizei gegen die Außenseiter vorgeht. Ali, der vermeintliche Anführer, versucht zu fliehen, tötet dabei aber einen seiner Verfolger. Er wird zu einer langen Haftstrafe verurteilt. Als er zwanzig Jahre später begnadigt wird, hat sich die Welt gründlich verändert. Er sucht eine Orientierung und findet sie zunächst vor allem in der Vergangenheit. Nach und nach trifft er seine alten Freunde wieder: Der Musiker Hamid ist nun Imam und lebt nebenher vom Schmuggel. Der intellektuelle Driss, der Ali unter Folter denunzierte, ist vom Marxisten zum Kapitalisten geworden und hat sich den Traum erfüllt, der einmal der Alis war: er war in den USA und ist mit einer Amerikanerin verheiratet. Abdallah, mit seinem Witz und seiner Unternehmungslust früher die Seele des kleinen Kreises, verzehrt sich in Erinnerungen und stirbt nach dem Wiedersehen mit Ali als Clochard, von Drogen und vom Alkohol zerstört. Vor allem aber trifft Ali Rabiaa, die eine zwanzig Jahre alte Tochter hat, die studiert und deren Vater er sein könnte.
Regisseur Ahmed Boulane, der selbst in den siebziger Jahren ein Hippie war und dessen Dachterrasse in Salé dem Film als Vorbild diente, erzählt die Geschichte in einer wirkungsvollen Montage von Flashbacks und Gegenwartsszenen, in der auch Action und Gefühl nicht zu kurz kommen. Die Darsteller des Films sind in Marokko zum Teil berühmt: so Younes Mégri, einer der populärsten Musiker Marokkos, in der Rolle des Ali oder Hassan El Fed als Abdallah. Die aus Palästina stammende Schauspielerin Hiam Abbas in der Rolle der Rabiaa ist auch dem deutschen Publikum aus Filmen wie "Satin rouge" bekannt. Gedreht vor dem Hintergrund der "alternance", der noch von König Hassan II. eingeleiteten Demokratisierung des Landes, gilt "Ali, Rabiaa und die anderen" neben dem im gleichen Jahr entstandenen "Ali Zaoua" von Nabil Ayouch als Musterbeispiel eines jungen "Kinos der Qualität" in Marokko. Daß der Film zunächst schon nach kurzer Zeit wieder aus den Programmen der marokkanischen Kinos genommen wurde, hat nicht verhindern können, daß Film und Regisseur heute in Marokko in aller Munde sind. Der Film ist ein Schlüsselwerk des jungen, aufstrebenden Kinos in Marokko.
Marokko 2001, 85 Min.
Buch und Regie: Ahmed Boulane
Kamera: Giovanni Brescini
Schnitt: Rachid Benallal
Musik: Younes Mégri
Darsteller: Younes Mégri, Hiam Abbas, Samia Akkariou, Hassan El Fed
Arabisch-Französische Originalfassung mit deutschen Untertiteln